Ausstellung im Kunstmuseum Bonn bis 23.01.2011
Mitch Epstein, 1952 geboren, gehörte in den 70er Jahren zur New Color-Bewegung, die die Wahrnehmung der Amerikanischen Fotografie radikal veränderte. Er blieb aber hinter den großen Namen wie Stephen Shore, Joel Meyerowitz und William Eggleston, dessen Foto einer roten Motel-Decke zur Ikone der Bewegung wurde, weniger beachtet.
New color brach mit der Fotografie der engagierten Sozialreportage, wie sie durch Walker Evans und den Fotografen der Farm Security Administration (FSA) als die amerikanische Bildsprache geprägt worden war – Dorothea Lang’s Migrant Mother
von 1936 als Ikone der Schwarzweiss-Fotografie für Jahrzente.
In einem Interview wurde Walker Evans gefragt, ob er sich schon einmal mit der Farbfotografie beschäftigt habe, seine Antwort war das Evangelium für etliche Fotografengenerationen:
…
PAUL CUMMINGS: You’ve never gotten very involved with color photography, have you?
WALKER EVANS: I’ve done it but I don’t approve of it very much. I’ve done it on occasion.
PAUL CUMMINGS: Why don’t you approve of it?
WALKER EVANS: Because I don’t think color is true yet. I also don’t think it needs it. And it isn’t permanent either.
…
In einer so geprägten Fotografenwelt schlugen Farbbilder, deren Sinn und Zweck die Farbe war, und in der keine Unterdrückung angeprangert oder Krieg und Zerstörung das Sujet waren, sondern sommersprossige Mädchen an einem Sommertag in Amerika, ein wie eine Bombe.
Mitch Epstein fotografierte in den 70ern mit Kleinbild, seine Bilder jener Zeit sind eine faszinierende Mischung aus „New Color“ und Reportage – er findet Bilder für den Zustand eines Landes nach dem Vietnam-Krieg, das aus den Fugen geraten zu sein scheint.
Ein grossartiger Raum in der Bonner Ausstellung, mit fantastischen DyeTransfer-Prints, die die eigenartige Farbigkeit der Siebziger noch verstärken. (Die meisten Prints kommen von der Kölner Galerie Thomas Zander.)
Dann, im nächsten Raum, ein gewaltiger Sprung: Riesige Formate zeigen die aktuelle Arbeit von Mitch Epstein: American Power.
Die Menschen sind hier fast verschwunden, es dominieren Landschaften, mit Grossformat fotografiert: Die dominierenden Kräfte der amerikanischen Politik, subtil in hochästhetische, fast malerische Ansichten von Bohrinseln, Tankstellen, Staudämmen oder Raffinerien übertragen.
Auf den ersten Blick ganz „New Color“, auf den zweiten eine hochpolitische Arbeit, die viele Aspekte der amerikanischen Energiewirtschaft zu einem großen Ganzen fügt, und dem Fotografen viele unerfreuliche Kontakte mit Polizei und FBI bescherte. In einem Essay über seine Arbeit schreibt er:
„About a year into making this series of pictures, I realized that power was like a Russian nesting doll. Each time I opened one kind of power, I found another kind inside. When I opened electrical power, I discovered political power; when I opened political power, I discovered corporate power; within corporate was consumer; within consumer was civic; within civic was religious, and so on, one type of power enabling the next. I began making these pictures with the idea that an artist lives outside the nesting doll, and simply opens and examines it. But now—while America teeters between collapse and transformation—I see it differently: as an artist, I sit outside, but also within, exerting my own power.“
Zum Projekt gibt es eine spannende Website: What is american power?
und zur Ausstellung ist ein ausgezeichnter Katalog erschienen und ein schönes Poster –
ein Ausflug nach Bonn, der sich lohnt.